Können Sie abends nicht gut einschlafen, wachen Sie nachts oft auf oder fühlen sich am Morgen nicht ausgeruht? Schlafprobleme sind weit verbreitet und haben oft tiefere Ursachen als nur Stress oder ein unbequemes Bett. Im Interview erzählt uns Dr. phil. Daniel Brunner, ein führender Schweizer Schlafexperte, spannende Fakten über die häufigsten Schlafprobleme und effektive Lösungen.
Sie sind zertifizierter Experte in Schlafmedizin und Somnologie. Wie sind Sie dazu gekommen?
Das war eher ein Zufall. Ich habe Biologie studiert und bin auf die Schlafforschung aufmerksam geworden, weil es die Möglichkeit gab, in diesem Bereich eine Doktorarbeit zu schreiben. Das Thema hat mich so fasziniert, dass ich mich danach in den USA und der Schweiz an verschiedenen universitären Fachinstitutionen ausbilden liess.
Damals war ich hierzulande eine von ganz wenigen Personen mit dieser Spezialisierung und ich spürte sofort die grosse Nachfrage. So bin ich aus der Forschung in den klinischen Bereich umgesattelt und habe 23 Jahre das Zentrum für Schlafmedizin in Hirslanden geleitet. Im September 2022 habe ich schliesslich meine Praxis Somnologie & Schlafcoaching GmbH in Zollikerberg gegründet.

Schlafprobleme: Ein modernes Phänomen oder ein uraltes Problem?
Schlafprobleme sind kein neues Phänomen, aber unsere moderne Lebensweise verstärkt sie. Licht und Unterhaltung rund um die Uhr, dauerhafte Erreichbarkeit und der Stress des Alltags können unseren natürlichen 24-Stunden-Rhythmus durcheinanderbringen. Eines der grössten «Probleme» ist aber, dass viele Menschen eine fixe Vorstellung von gutem Schlaf haben. Man muss quasi sofort einnicken und dann mindestens sieben, besser noch acht Stunden am Stück durchschlafen. Dabei ist Schlaf sehr individuell. Nicht alle brauchen gleich viele Stunden Schlaf und zur gleichen Zeit ihre Bettruhe.

Es gibt neben der Insomnie mit kurzem Schlaf auch eine paradoxe Insomnie.
Ja, genau. Manche Menschen glauben, dass sie nächtelang wach sind, obwohl Messungen zeigen, dass sie tatsächlich schlafen. Das liegt daran, dass in bestimmten Hirnregionen – etwa im Bereich der Aufmerksamheit – eine Art «Wächter-Modus» aktiv bleibt. Solche Prozesse sind biologisch erklärbar: Um auf Gefahren schnell zu reagieren bleibt das eigentlich schlafende Gehirn lokal in bestimmten Regionen wach. Bei Meeressäugetieren wie Delfinen und Walen schläft sogar meist nur eine Hirnhälfte, während die andere wach bleibt, so wird sicher gestellt, dass sie nur oberhalb des Wassers atmen.

Wie definiert man schlechten Schlaf und wann wird er zum Problem?
Schlaf ist für unsere Regeneration unverzichtbar – sowohl mental als auch körperlich. Schlechter Schlaf kann dabei viele Gesichter haben: Schwierigkeiten beim Einschlafen, häufiges Aufwachen in der Nacht oder ein nicht erholsames Gefühl ungenügender Erholung am Tag. Immer mehr Menschen versuchen dann mit Medikamenten oder anderen Mitteln nachzuhelfen. Doch Schlaf kann man nicht erzwingen.

Welche Massnahmen kann man selbst ergreifen, um seinen Schlaf zu verbessern? Und wann ist professionelle Hilfe notwendig?
Wir alle können unseren Schlaf mit ein paar einfachen Regeln verbessern: Zum Beispiel sollte man nur ins Bett gehen, wenn man wirklich schläfrig, aber mental nicht übermüdet ist. Kurzpausen zum mentalen Abschalten sind dafür hilfreich. Ausserdem sollte man nicht auf die Uhr schauen, wenn man nachts wachliegt. Sich selbst keinen Druck auflegen, indem man sich sagt: «Ich muss jetzt schlafen». Wenn diese Massnahmen nicht helfen und sich der schlechte Schlaf über Monate hinweg zieht, ist es sinnvoll, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit von der einer Schlafklinik?
Schlafkliniken arbeiten vor allem mit technischen Untersuchungen wie Polysomnografien, um nach organisch bedingten Störungen im Schlaf zu suchen. Meine Beratung konzentriert sich auf die psychologischen und verhaltensbasierten Aspekte einer Schlafstörung, die durch falsche Annahmen und Fehlerwartungen einer Person entstehen. Wertvoll ist eine solche Schlafberatung etwa bevor Untersuchungen geplant werden oder nach einer Messung ohne ein klares Ergebnis. Meine Arbeit ist also eine Ergänzung, keine Konkurrenz.

Wie läuft eine Konsultation bei Somnologie & Schlafcoaching GmbH ab?
Mein Ansatz ist eine individuelle Beratung. Vor einer Behandlung erfasse ich die Situation, die Symptome und Schlafgewohnheiten meiner Kundinnen und Kunden mit einem ausführlichen Fragebogen. Nach einer Sprechstunde und erfolgreicher Diagnosefindung arbeite ich gemäss heute empfohlenen Behandlungen. Bei anhaltenden Ein- und Durchschlafstörungen ist dies die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I). Diese basiert neben den bekannten Schlafhygiene-Tipps vor allem auf der Korrektur von Denk- und Verhaltensmustern, die ein Schlafproblem chronisch werden lassen.
Meist reichen ein bis zwei Sitzungen aus, um eine klare Verbesserung zu erzielen. Wer mehr über meine Arbeit erfahren möchte, kann mich gerne kontaktieren – ich freue mich darauf.