Immer öfter hören wir in der Schweizer Presse den Begriff «Coronagraben», denn ein Teil der Bevölkerung will die Einschränkungen durch die Corona-Schutzmassnahmen nicht länger hinnehmen und verleugnet sogar die Pandemie. Der dritte und letzte Schritt der Lockerungen am 6. Juni steht noch aus, dennoch scheint die Aufteilung in ein duales pro oder contra Lager noch nie so offensichtlich wie dieser Tage. Am Deutlichsten zeigt sich das bei «Gretchens» Impf-Frage.

Handfeste Meinungsverschiedenheiten

So neigen derzeit einige Mitmenschen dazu, uns sprichwörtlich mit ihren Werten, Vorstellungen, Meinungen, Weltbildern oder Lösungen «impfen» zu wollen. Aber speziell bei Lösungen sollten wir bedenken, dass diese in der Regel zu ihnen, aber nicht zu uns passen. Sie können dann schlecht akzeptieren oder annehmen, dass wir ihre Ansichten nicht teilen und wählen unter Umständen Worte, die uns abwerten oder verletzen sollen. Oder sie fordern Sachen ein, die wir ihnen gar nicht schulden. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sei es nun z.B. Unsicherheit oder gar fehlende Toleranz: Aus verschiedenen Meinungen werden dann handfeste Meinungsverschiedenheiten.

Viele von uns (ich manchmal auch) wollen sich dann ggf. wehren, verteidigen oder sich rechtfertigen. Meist mit wenig Erfolg. Die vielleicht bessere Lösung besteht aus den folgenden zwei Schritten.

Schritt 1: Uns daran erinnern, dass das Verhalten des anderen etwas mit ihm zu tun hat, nicht mit uns. Und sich klar werden, dass es oft nicht mal unser Problem ist. Sondern das des Gegenübers.

Schritt 2: Gefühle und Emotionen rausnehmen und dem Bedrängnis also möglichst ohne Frust und Faust begegnen. Und stets in der Ich-Form sprechen und Gefühle, Wünsche oder Emotionen schildern. Das macht mit mir dies.. das löst in mir jenes aus. Somit bleiben wir unangreifbar. Bewertungen oder Vermutungen sollten wir unbedingt vermeiden. Diese spiegeln unsere subjektive Interpretation wieder und nicht eine objektive Wahrheit. Wir sollten uns nicht verstricken in den Netzen, die das Gegenüber spinnt.

Hier fünf Reaktionen, mit denen das gelingen kann. Und zwar, ohne uns alles gefallen zu lassen

«Danke.»

Ein einfaches «Danke» kann den gesamten Wind aus den Segeln nehmen, den Gott des Zorns zum Atemstillstand bringen. Weil es überrascht. Weil es zeigt, dass wir nicht mitspielen wollen. «Danke» demonstriert Reife und Abgrenzung und dass wir dem anderen nicht so einfach die Macht geben werden über unsere Gefühle.

«Ich schätze Deine Perspektive.»

Dieser Satz signalisiert unsere Bereitschaft zum Austausch. Aber nur auf eine wertschätzende, erwachsene Weise. Wir werden uns nicht auf das Niveau des anderen begeben. Und genau das macht klar, wie tief dieses Niveau vielleicht gerade ist. Gleichzeitig erinnert es auch uns selbst daran: Seine / ihre Worte sind nicht die objektive Wahrheit, sie spiegeln die eigene subjektive Welt wider. Das subjektive Gefühl von Wahrheit also. Der Grad an Offenheit für die Perspektive des anderen beruhigt zudem oft auch das schreiende Kind in ihm.

«Du hast Recht.»

Äh, was? Damit hätte der andere wohl nicht gerechnet. Und eigentlich ist das gar nicht, woran er interessiert ist – er will die negative Energie füttern, will, dass sich eine Diskussion aufschaukelt. Und wie soll das jetzt noch gehen? Was bleibt da noch zu sagen? Gar nichts. Den Streit womöglich „verloren“ – aber den Seelenfrieden zurückgewonnen. Dieses Mittel ist nicht zum Dauergebrauch geeignet, denn gerade bei wichtigen Dingen sollten wir unsere Grenzen auch nach außen sichtbar schützen. Aber im Einzelfall kann es Wunder wirken.

«Dieses Gespräch ist jetzt für mich vorbei.»

Eine klare Ansage. Und eine klare Absage daran, noch weitere, immer schnellere Runden im schädlichen Gespräch zu drehen. Also: aussteigen, fortgehen, die Sackgasse hinter uns lassen. Zumindest erst mal. Durchatmen. Wir sind nicht ausgeliefert. Wir entscheiden, wie lange wir an dem Austausch teilnehmen und wann es uns reicht. Wir sind in dem Moment auch nicht im Zugzwang oder dem Gegenüber etwas schuldig. Wer will denn hier was von wen? Ein Ja zum Gegenüber bedeutet immer auch Nein uns gegenüber. Umgekehrt ist für uns also besser. Nein ist ein vollständiger Satz. Achtung! Begründen wir ein Nein, dreht sich die anschliessende Diskussion nur noch um unsere Begründung.

Lachen

Mit etwas (innerem) Abstand haben viele Situationen schon etwas Komisches. Gelingt es uns, das zu sehen, kann das sowohl uns als auch den Gesprächspartner befreien und entspannen. Die wenigsten Dinge sind so ernst und bedeutsam, wie sie uns im Augenblick erscheinen mögen. Wenn wir «in 10 Jahren bestimmt drüber lachen können», wie es so oft heisst. Warum nicht gleich damit anfangen?

Chris Garrett ist mehrfach zertifizierter NLP Mastercoach, sowie AD(H)S/ASS Coach. Er arbeitet als Integrationsfachmann und Coach in seiner eigenen Praxis in Baar und Berlin. Weitere Infos finden Sie unter www.please-coach.me.