Es war der erste Herbst, den die kleine Schwalbe erlebte. Und es war zugleich ein trauriger erster Herbst. Denn die kleine Schwalbe war beim ersten Flugversuch unglücklich abgestürzt und hatte sich den Flügel verstaucht. Nun würde sie nicht mit in den Süden fliegen können.
Als der Tag gekommen war, blickte sie wehmütig ihren Eltern und Geschwistern hinterher, die sich schwärmend in den kalten, blauen Morgenhimmel erhoben.
Wenig später tappte die kleine Schwalbe niedergeschlagen und einsam durch die Strassen der kleinen Stadt. Sie dachte an all die Warnungen der anderen. Wie kalt und hässlich der Winter sei. Dass es schwierig würde, etwas Leckeres zu futtern zu finden. Überhaupt etwas Essbares zu finden. Und während sie an all die Warnung dachte, fielen die ersten Schneeflocken vom Himmel.
Als die besorgte, kleine Schwalbe durch den Stadtpark tippelte, wurde sie plötzlich von zwei ungehobelten Spatzen umgerannt, die sich um einen Brotkrumen stritten.
Jetzt bemerkten die beiden die Schwalbe, die sich wieder aufrappelte. Der dunkelgraue der beiden Spatzen fragte: 
«Sorry. Aber was machst du denn hier? Deine Leute sind doch alle schon nach Süden geflogen!» Die Schwalbe wusste nicht recht, ob sie mit einem Spatzen sprechen sollte. Ihre Eltern hatten sie immer gewarnt. Aber da sie allein war, fasste sie sich ein Herz und berichtete: «Mein Flügel ist verstaucht. Konnte nicht mitfliegen. Ich bin allein. Weiss nicht so recht wohin. Und seit der Boden so hart ist, finde ich kaum noch Futter. Sie hatten recht. Der Winter ist schrecklich.»
Da schauten sich die beiden Spatzen an und vergassen den Brotkrumen. «Alles Quatsch!», piepste der hellgraue Spatz. Jetzt kommt doch die schönste Zeit im Jahr!» Die Schwalbe guckte fragend. «Ja», ergänzte der dunkelgraue, «Die Menschen nennen es Weihnachten. Im Winter werden sie alle irgendwie sehr freundlich und helfen uns Vögeln. Sie streuen überall Futter aus, stellen kleine Vogelhäuschen vor die Fenster und manchmal legen sie sogar Äpfel rein!»
Die Schwalbe konnte es kaum glauben. «Erzählt weiter!»
Die Spatzen luden die Schwalbe ein, den Winter bei ihnen zu verbringen. Und sie musste lernen, dass alles, was ihre Eltern über Spatzen erzählt hatten, nicht stimmte. Ausser dem vielleicht, dass sie vorlaut seien. Denn das waren sie. Aber ansonsten erlebte die kleine Weihnachtsschwalbe die schönste Jahreszeit, die sie sich vorstellen konnte. Und sie war die erste überhaupt, die je einen Weihnachtsbaum und den Weihnachtsmann zu sehen bekam.