Dos and Don’ts im Sprachgebrauch

Behinderte? – nein, ganz bestimmt nicht! Invalide? – nein, auf keinen Fall! Behinderte Menschen? – auch nicht ganz, aber schon etwas besser, oder?

Geht es um die korrekte Bezeichnung für Personen, die von einer oder mehreren Behinderungen betroffen sind, herrscht oft Unklarheit. Welches die korrekte Bezeichnung ist und welche Ausdrücke man nicht verwenden soll, erfahren Sie hier.

Man möchte niemandem auf die Füsse treten und doch – auch Personen, die Menschen mit Behinderungen mit Respekt begegnen möchten, bringen die korrekten Begriffe manchmal durcheinander. Damit Ihnen das nicht passiert, hat sich zuercherindex.ch für Sie schlau gemacht und zeigt Ihnen die Dos and Don’ts rund um das Thema Behinderung.

Als erstes muss gesagt werden, dass «behindert» weder das Gegenteil von «gesund» noch das Gegenteil von «normal» ist. Zahlreiche Menschen mit Behinderung sind und fühlen sich gesund. Ausserdem wird der Ausdruck «an einer Behinderung leiden» oftmals falsch verwendet. Schliesslich leiden viele nicht an der Behinderung selbst, sondern an den erschwerten Lebensumständen. Und normal? Wer ist das schon?!

Behinderte/ Behinderter

Personen als «Behinderte» zu bezeichnen impliziert, dass der Mensch als Ganzes unfähig ist, was natürlich Humbug ist. Der Ausdruck ist auch viel zu allgemein und geht nicht auf die Tatsache ein, dass es sich dabei um Menschen handelt. Vielmehr reduziert «Behinderter» den Menschen auf eine Eigenschaft und vernachlässigt, dass es zahlreiche Arten von Behinderungen mit unterschiedlichen Ausprägungen gibt. Sprechen Sie deshalb besser über «Menschen mit…» und fügen danach die spezifische Art der Behinderung hinzu, zum Beispiel «mit Hörbehinderung» oder «mit Gehbehinderung».

Alternativ dazu können auch die allgemeingültigen, politisch korrekten Bezeichnungen «Personen/Menschen mit Behinderung» oder «Betroffene» verwendet werden.

Invalide/Invalidität

Das Wort «Invalide» sollte vermieden werden. Es kommt ursprünglich aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie «kraftlos» oder «schwach». Auch in der romanischen Sprache gibt es verwandte Begriffe, die mit «unwert» oder «untauglich» übersetzt werden können. So wird auch das «Invaliden-WC» oder der «Invaliden-Parkplatz» zum WC beziehungsweise Parkplatz für «Menschen mit Behinderung» oder «mit Mobilitätsbehinderung».

Natürlich ist man durch das Schweizer Sozialversicherungsrecht zum Beispiel an den Begriff Invalidenversicherung gewöhnt. Dennoch gibt es auch hier geschickte Wege, beispielsweise das Wort «IV-Bezüger» mit «Leistungsberechtigter» oder «Versicherter» zu ersetzten.

Handicap/gehandicapt

Wörter wie «Selfie», «updaten» oder «Facility-Management» zeigen, wie beliebt englische Begriffe im deutschen Sprachgebrauch sind. Auch für Menschen mit Behinderung gibt es die sogenannten Anglizismen: Etabliert haben sich zum Beispiel die Ausdrücke «gehandicapte Personen» oder «Personen mit Handicap». Während diese Bezeichnungen in der Schweiz als politisch korrekt gelten, werden sie in England als beleidigend angesehen. Der Begriff «handicap» erinnert nämlich an «cap in the hand», was so viel bedeutet wie «unterwürfig sein» oder «betteln». Deshalb wurde der Begriff auch von der WHO aus ihrer Definition gestrichen.

Besondere Bedürfnisse

Ähnlich verhält es sich mit der Bezeichnung «Menschen mit besonderen Bedürfnissen». Auch dieser Ausdruck kommt aus dem Englischen «special needs», ist aber bereits veraltet und wird nur noch selten gebraucht. Dies aus dem Grund, dass jede Person – ob mit oder ohne Behinderung – die gleichen Grundbedürfnisse sowie spezielle, individuelle Bedürfnisse hat. Es sind also nicht die «Anderen», die besondere Bedürfnisse haben, sondern alle.

Weitere Begriffe, die zu vermeiden sind

Nebst den bereits erwähnten Begriffen oder Ausdrücken, die man besser vermeiden sollte, gibt es eine Reihe weiterer, die sich über die Jahre in unseren Wortschatz eingeschlichen haben und schleunigst da weg müssen!

So gelten die Begriffe «Spastiker», «Liliputaner» oder «Mongoloide» als diskriminierend und müssen ersetzt werden. Angebrachtere Bezeichnungen sind «Personen mit Cerebralparese», «kleinwüchsige Menschen» und «Personen mit Downsyndrom» beziehungsweise «mit Trisomie 21».

Auch der Ausdruck: «Er ist an den Rollstuhl gefesselt» sollte vermieden werden. Für Personen, die nicht mehr Gehen können, bedeutet der Rollstuhl nämlich Mobilität und somit Freiheit, was mit «gefesselt sein» überhaupt nichts zu tun hat. Sprechen Sie hier besser von «Personen, die einen Rollstuhl benützen» oder von «Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern».

Der «taubstumme» Nachbar wird so zum «gehörlosen» Nachbarn und er wendet auch nicht die «Zeichensprache» an, sondern kommuniziert mit der «Gebärdensprache», die übrigens ein ausgeklügeltes Kommunikationssystem ist.

Andere Länder, andere Bezeichnungen

Interessant ist es auch, die Begriffe verschiedener Sprachen unter die Lupe zu nehmen:

Im englischen Sprachraum bezeichnet man Menschen mit Behinderung als «people with disabilities», was wörtlich übersetzt «Menschen mit Behinderung» beziehungsweise «mit Unfähigkeit oder Unzulänglichkeit» bedeutet. Gleich verhält es sich im Italienischen («persone con disabilità») und im Spanischen («personas con discapacidad»)

Währenddessen sprechen die Holländer und Franzosen von gehandicapten Personen, also von «mensen met een handicap» und «personnes handicapées».

Falls Sie nun noch immer unsicher sind, welchen Begriff Sie verwenden sollen – fragen Sie Ihr Gegenüber doch einfach, wie er oder sie am liebsten genannt werden möchte.