Brauerei Baar ZG: Stetiger Innovationsgeist und kluge Nischenpolitik!
Neben dem traditionellen Trinkgenuss von Bier war es vor allem der stetige Innovationsgeist, welcher zur festen Verankerung der Braukunst im zugerischen Baar führte. Diese Verankerung besteht seit 1862 und wird seit 1902 mit Familienbesitz durch die Bierdynastie Buck-Uster weitergeführt. Auch in jüngster Zeit befindet sich das Unternehmen in 5. Generation mit Kurt und Martin Uster auf Erfolgskurs. Mit einem Team von 30 Mitarbeitenden wird der Getränkemarkt stetig mit beliebten traditionellen wie auch neuen Bier-Spezialitäten und einem Ausbau des umfassenden Getränkeangebots mit eigenem Markt-Laden und Direktverkauf bereichert. Des Weiteren ist es die starke Verbundenheit mit Lieferanten, Kunden und Bierfreunden weit über Baar hinaus, welche zum Unternehmenserfolg beiträgt. Und wie das folgende Gespräch mit Geschäftsführer Martin Uster zeigt, setzt die Brauerei Baar auch weiterhin auf heimatliche Braukunst, auf Beharrlichkeit der hochwertigen Produktqualität sowie die Bescheidenheit im Umgang mit Menschen und Ressourcen.
mi = marktindex.ch
MU = Martin Uster
mi: Die Brauerei Baar überrascht heute immer wieder mit innovativen Ideen und Produkten. Auf was basiert Ihre Geschäfts-Philosophie?
MU: Das Ziel der Brauerei Baar ist die Wahrung des bestehenden Marktanteils in den traditionell starken Segmenten, wie Horeka (Hotel, Restaurant, Kantinen), Privatkundschaft und Festanlässe. Bei dem bisher eher vernachlässigten Segment Detailhandel bestehen Wachstumschancen, die aber nicht überbewertet werden dürfen, da in dieser Sparte der Preis- resp. Margenkampf extrem hoch ist und der Anteil Dosen- und Einwegbier extrem polarisiert. In diesen Produktgruppen ist die Brauerei Baar nicht besonders stark positioniert. Erhebliches Wachstum darf jedoch von den unabhängigen Getränkehändlern erwartet werden. Das Niveau der Lohnproduktion sollte den Anteil von 33% nicht übersteigen. Voraussetzung dafür ist eine konstant hohe Produktqualität mit eher längerer Haltbarkeitsdauer als bisher und eine vernünftige Preispolitik, die mit den Branchenführern mithalten kann. Innovation und Nischenprodukte sind die eine Voraussetzung für dieses Wachstum, weitere gestaffelte Investitionen in die qualitative Verbesserung der technischen Infrastruktur die andere. Die quantitative Infrastruktur für diese Strategie ist jedoch vorhanden. Zurzeit werden Investitionen in die Automatisierung des Sudhauses und eine Palettierungs-Anlage getätigt und wir sind gegenwärtig in der Evaluation einer komplett neuen umweltfreundlichen CO2-neutralen Heizanlage für die gesamte Brauerei inkl. Gasthaus.
mi: Es fällt zudem auf, dass die Brauerei Baar bei vielen grossen Veranstaltungen in der Zentralschweiz als deren Partner präsent ist. Wo liegen da die Gründe?
MU: Unser Ziel ist es, die Marke Baarer Bier mit der Zentralschweiz in Verbindung zu bringen. Ein Stück Heimat. Das ist eine emotionale Entscheidung und daher ist es aus unserer Sicht unabdingbar, dass die Marke auch an Veranstaltungen in der Region präsent ist. Wir konzentrieren uns aber bei den Veranstaltungen ausschliesslich auf die Anlässe unmittelbar um die Brauerei (50 km Umkreis). Hierfür können wir auch die nötige Infrastruktur stellen, welche es für solche Grossanlässe benötigt. Dies verschafft uns einen Vorteil gegenüber unseren Mitbewerbern in der Region.
mi: Sehr beliebt sind aus Ihrer Brauerei jeweils auch die Spezial- oder Fest-Biere. Was dürfen Konsumentinnen und Konsumenten künftig in dieser Hinsicht erwarten?
MU: Das ist in der Tat ein sehr spannendes Feld und gehört ganz bestimmt zu unserer Strategie. Erst kürzlich haben wir für die Fussballweltmeisterschaft in Brasilien ein saisonales Spezialbier kreiert «SAMBA SAMBA», welches nun nicht mehr erhältlich ist. Schon bald kommt unser alljährlich sehr beliebtes Festbier auf den Markt, welches dann bis Ende Jahr erhältlich ist und für den kommenden Frühling wird wieder ein saisonales Bier erhältlich sein. Mehr dazu kann ich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht verraten.
mi: Wo liegt die grosse Stärke Ihres Unternehmens gegenüber den so genannten Bier-Multis?
MU: Das Risiko einer Kleinbrauerei, wie die Brauerei Baar, ist weniger beeinflusst von konjunkturellen oder wirtschaftlichen Schwankungen, sondern unterliegt emotionalen wie auch umweltbewusstem Kaufverhalten. In der gegenwärtigen Zeit mit ihren Auswüchsen im Kapitalismus mit Macht- und Fusionsstreben im globalen und nationalen Biermarkt, profitiert die Brauerei Baar als heimatverbundene, regional positionierte Brauerei von menschlichen Antipathien gegenüber Bierkonzernen. Ob deren Marktmacht jedoch langfristig nicht die Kleinbrauereien erdrücken wird, kann nur durch kluge Nischenpolitik und stetigen Innovationsgeist kompensiert werden. Diese Politik wird gegenwärtig erfolgreich angewendet.
mi: Was für Innovationen der Brauerei Baar darf man kurz- und mittelfristig erwarten?
MU: Im Moment steht bezüglich Innovation in die Produktpalette nichts Festes auf dem Programm ausser dem saisonalen Frühlingsbier im kommenden Frühjahr. Wir haben ja erst kürzlich das Zuger Hirsebier mit Hirse aus dem Zugerland auf den Markt gebracht. Jedoch kann ich so viel verraten. Wir beobachten das Dosenbiergeschäft sehr genau.
mi: Wie beurteilen Sie die Marktstellung der Brauerei Baar auf längere Sicht?
MU: Als Brauerei Baar spezifisches Risiko kann der relative hohe Anteil von rund 30% der Produktion von Lohnabfüllungen betrachtet werden. Dieser grosse Volumenanteil ist jedoch relativiert, bedingt durch die geringere Marge von nur rund 7% des jährlichen Bruttogewinnes des Biergeschäftes. Der Bierumsatz wiederum entspricht rund 50% des Gesamtumsatzes. Sofern diese Verhältniszahlen bestehen bleiben, kann von einem überschaubaren und kalkulierbaren «Klumpenrisiko» ausgegangen werden, insbesondere weil gegenwärtig von einem linearen Wachstum der ganzen Brauerei inkl. Lohnabfüllungen ausgegangen werden kann. Somit will man sich für die Zukunft stärken, bei der eine Grossinvestition wieder geplant ist (in 5 bis 10 Jahren).