In Luzern fliesst das Bier unterirdisch. Eckhard Schwöbel macht es möglich.

Heinz Steimann hat den Bierpatron Eckhard Schwöbel getroffen. Er hat die Luzerner Bierszene geprägt und ist nach wie vor Bierbrauer mit Leib und Seele.

Sie seien ein Mann der Lobhudeleien nicht mag. Stimmt das?

Genau. Ich mag nur Realitäten.

Vom Geschäftsführer einer Firma, die Desinfektions- und Hygieneprodukte herstellt zum Luzerner Bier-Brauer König. Wie kam das?

Nachdem ich in München acht Semester Brauwesen studiert habe und vier Jahre in diesem Beruf tätig war, habe ich von der Firma B. Braun Medical AG, Hersteller von medizinischen Produkte für Spitäler und Ärzte, ein Angebot erhalten in der Schweiz eine Filiale aufzubauen. Wir haben in Escholzmatt mit drei Leuten ganz klein angefangen Spritzen herzustellen, die Braun von der Konkurrenz zukaufen musste. Heute stellen wir in Escholzmatt mit rund 1000 Mitarbeiter für Braun Schweiz Produkte im Wert von jährlich 334 Millionen Schweizer Franken her. Der B. Braun Konzern beschäftigt 56‘000 Personen in 64 Ländern.

Wie sind Sie dann zum Bierbrauen gekommen?

Nun bin ich älter als ich aussehe, aber trotzdem hat mich die Pension eingeholt. Aber jetzt mit dem Hund am Quai spazieren gehen liegt mir ganz und gar nicht. Ich wollte wieder etwas ganz Neues anfangen. Da habe ich mich an meinen gelernten Beruf erinnert und gründete unter der Arkade vom Luzerner Rathaus am Reussufer in Luzern eine ganz besondere Brauerei. Wir füllen das Bier nicht in Fässer oder Flaschen ab, das kostet nur Geld. Wir schenken dort aus wo wir brauen. Alle unsere Biere werden vor Ort in den kupfernen Sudkesseln direkt im Restaurant gebraut. Anschliessend fliesst die kostbare Würze durch eine 70 Meter lange unterirdische Leitung durch die Luzerner Altstadt – damals eine Weltneuheit – zum Gär- und Lagerkeller in der Eisengasse und seit 2011 über weitere 70 Meter zu unserem Partnerbetrieb, dem Stadtkeller am Sternenplatz. Einzigartig, dieser geschlossene Kreislauf.

Unser Prinzip ist: Unser Bier geht vom Tank in die Gläser und von dort in den Kopf.

Sie haben die Rathaus Brauerei 1998 in unserem ehrwürdigen Rathaus gebaut. Wie waren die ersten Gespräche mit der Stadtregierung?

Sehr gut. Ausser einer kleinen Bar, wo die Marktfrauen ihren Kaffee tranken, hatten sich damals unter der Egg auch noch die «Drögeler» ihren Platz gesichert. In den historischen Gewölben, die mit Kalk überzogenen waren und zum Lagern von Gemüse und Waren der ansässigen Gemüsehändler gebraucht wurden, breiteten sich die Ratten und Mäuse aus. So waren die Herren der damaligen Regierung froh, dass unter der Egg eine solide Gaststätte mit pulsierendem Leben Einzug hielt.

Das wird sicher allen eingesessenen Mietern und Händlern nicht gepasst haben?

Das hielt sich in Grenzen. An einer Sitzung in der Kornschütte musste ich vor allen Beteiligten und dem Quartierverein Rede und Antwort stehen. Einer, der mit grossen Bedenken argumentierte war der stadtbekannte Marroni Fritz, der im Herbst und Winter seinen Stand unter der Egg hatte. Wo soll ich denn mit meinem Stand hin, rief er in die Runde. Stadtrat Werner Schnieper konnte ihn beruhigen, für die paar Monate finden wir sicher einen neuen Platz. So löste sich die Sitzung in Minne auf, die Brauerei konnte gebaut werden. Die erste Überraschung kam am ersten Tag kam mit dem Marroni-Fritz, der mich als einer der Ersten besuchte und sagte: Ich heisse Fritz und wie heisst du?

Sie haben in der Stadt des Bieres, in München, das Brauwesen studiert. Schmeckt Ihnen Ihr Bier besser als das Münchner?

Ich mag beide. Die Deutschen lieben die bitteren Biere mit viel Hopfen. Wir wollten ein milderes Bier. Unser Bier ist auch nicht filtriert, da ist die Hefe noch drin.

Mit dem Kauf und der Rettung unseres «Stadtchöbus», von der «Lumpenläden-Mafia», haben Sie 2009 die Luzerner Bevölkerung so entzückt, dass man Sie im gleichen Jahr zum Rüüdigen Lozärner gewählt hat?

Das ist so und diese Wahl hat mich auch rüüdig gefreut.

Der neue CEO der Feldschlösschen Brauerei, war damals Besitzer des Stadtkellers, schlug eine neue Richtung ein. Die Brauerei wurde verkauft und auch das Tafelsilber, die vielen Immobilien der Brauerei, wurden zu Geld gemacht. So kam auch der Stadtkeller zum Verkauf, was bei den damaligen Mitarbeitern natürlich grosse Angst auslöste. Es war ja schon beschlossene Sache, dass der Stadtkeller in einen Schuh- und Kleiderladen «umgemünzt» wird. Das habe ich in der Zeitung gelesen, mich sofort mit der Immobilienfirma die für den Verkauf zuständig war in Verbindung gesetzt und den Zuschlag bekommen.

Auf den Titel Rüüdige Lozärner zurückzukommen, Sie sind seit 44 Jahren im Kanton Luzern, können Sie diesen Titel auch mundartgetreu aussprechen?

Hören Sie. Ich kann fluchen: «Blos mer doch id Schue» und «ech cha of Schwyzertütsch zähle» das reicht. Ich weiss auch, dass wenn ich Schwyzertütsch rede, das unangenehm auffällt. Deshalb behalte ich meine Muttersprache bei, die sowieso kein hartes Deutsch ist. So einfach ist das.

Haben Sie nach so langer Zeit nicht daran gedacht Schweizer zu werden?

Ich habe zwei grossartige Töchter. Beide sind hier in den Kindergarten und in die Schule gegangen. Die eine hat Jus in Genf studiert, die andere in London Marketing Business und beide sprechen Schweizer Mundart. Ich sage immer ich bin seit 42 Jahren in der Schweiz, ich bin ein Schweizer mit einem einen kleinen Sprachfehler.

2016 gründeten Sie mit Ihren beiden Töchtern Julia Schwöbel und Anne-Kathrin Schwöbel sowie mit dem Geschäftsführer Alois Keiser die Gambrinus Gastronomie AG. Wieviel tragen Ihre neuen Partnerinnen und der Partner zum Umsatz Ihres Bieres bei?

Sie trinken alle sehr gerne Bier. Die beiden Töchter sicher weniger als Alois Keiser, der mir mit seinem Engagement viel Freude bereitet. Zu diesem Team gehört natürlich auch mein Münchner Braumeister, Reinhard Knispel, der an Braumeisterschule Doemens in München seine Kunst zur Meisterschaft gebracht hat und unsere Kundinnen und Kunden mit seinen, den Jahreszeiten angepassten, Bierkreationen immer wieder angenehm überrascht.

Das Credo der Gambrinus Gastronomie AG: Traditionen pflegen – beständig und qualitätsbewusst. Haben Sie noch weitere Bierlokale mit diesen Überzeugungen im Visier?

Nein. Man soll mit beiden Beinen im Leben stehen. Unsere Betriebe rentieren und wir sind dabei diese Betriebe, zu Gunsten unserer Kunden, zu verbessern.

Mit dem Restaurant Helvetia hat die Gambrinus Gastronomie in Luzern ein weiteres Mitglied in ihre Reihen eingefügt. Wann fangen die Bauarbeiten für eine neue Bier-Pipeline zum Helvetiagärtli an?

Bequem wäre das schon, aber der Weg unter der Reuss durch, das käme wohl viel zu teuer. Trotzdem werden wir im Helvetia unser Bier ausschenken können, hier müssen wir uns halt mit dem Weg über Tanks behelfen müssen.

Wann entsteht auf dem Dach des Stadtkellers ein Biergarten oder in Luzern ein Biermuseum?

Das Dach des Stadtkellers überlasse ich gerne jedes Jahr den Fasnächtlern. Ein Biermuseum wäre schon eine Idee, der ich nicht abgeneigt wäre. Ich habe eine grosse Sammlung an alten Brauereigräten und Gegenständen, daran habe ich meinen Spass. Sind jetzt noch in einer Scheune untergebracht. Leider ist ein geeignetes Lokal in Luzern schwer zu finden. Als 2008 die Picasso Ausstellung aus dem Am-Rhön-Haus an der Furrergasse auszog, habe ich mich um Räume, die heute noch leer stehen, bemüht, leider ohne Erfolg.

Man sagt hinter einem erfolgreichen Mann steht eine Frau. Wie ist das bei Ihnen?

Das trifft auch bei mir zu. Meine Frau, Carla Schwöbel, hat es aber weniger mit den Beizen, dafür mehr für die Kultur in Luzern. Sie engagiert sich als Sponsorin beim Lucerne Festival und mit Gleichgesinnten in einer ökumenischen Gruppe von Menschen aus der Paulus-, Franziskaner- und Lukaskirche.

Ausser Unternehmer sind Sie auch Hirschzüchter und besitzen eine grosse Hirschgeweihsammlung. Fühlen Sie sich als Platzhirsch unter den Luzerner Bierbrauern?

(Lacht schallend) Es sind ja nur noch ganz wenige Brauereien da. Früher gab es in Luzern viele traditionelle Lokale. Das Hubertus, die Stadt München, den Stiefel, die Metzgeren, nur um einige wenige zu nennen. Eines um das andere ging ein und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Ich will, zusammen mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in unseren drei Häusern, die Tradition der Luzerner Gaststätten, eine gute Küche mit einem guten Bier oder Wein, wiederaufleben und erhalten zu lassen. Dazu verhilft mir auch unser guter Freund und Geschäftsführer Alois Keiser.

Interview und Bilder: Heinz Steimann


Marktindex.ch und Heinz Steimann danken herzlich für das interessante Interview und wünschen Eckhard Schwöbel weiterhin viel Erfolg und gutes Zapfen!