Basil Koch ist ein Maskenkünstler der kleinen Gemeinde von Luzerner Fasnachtskünstlern die in ihren Gruppen, Jahr für Jahr mit immensem körperlichen und materiellen Aufwand, die Lozärner Strassenfasnacht beleben und die Zuschauer in ehrfürchtiges Staunen versetzen. Und wer weiss schon ob der letztjährige Auftritt von Basils «Nostradamus» der «Guggemusig Rüssgusler», und dem «Tambourenverein der Stadt Luzern» am Basler Umzug, sorry Cortegé, mit Uelis und Waggissen, drei Grosslaternen, 45 Stäggelaternen und 80 Kopflaternen, Waggiswagen, Junteressli und «allem, was dazu gehört» das Tüpfelchen auf dem i war das die Weltkulturerbe-Jury unseres Bundes dazu bewogen haben den Baslern den Vorzug zu gegeben.

VO LOZÄRN GÄGE WAGGIS ZUE, DAS HED MIT DE GRÖNDIG VO DE GUGGEMUSIGE Z‘TUE. VOR 70 JOHR HED ÜS DE SEPP EBINGER S’GUGGE GLEHRT, DARUM WÄRDET DAS JOHR D’BASLER GEEHRT!

Das war das Motto des Sujets. Wir Lozärner gönnen und freuen uns mit den Baslern über ihren Titel, sind aber froh, dass sie Basil und die andern Lozärner Fasnächtler, wenn auch mit grossem Abschiedsschmerz, wieder nach Hause gelassen haben. Wir Lozärner freuen und brauchen sie, auch ohne Titel und Plaggeten.

Basil Koch Maskenkünstler, wie bist du zur Fasnacht gekommen?

Durch meine Familie. Speziell aber durch meinen Vater, den Grafiker Bruno Koch. Er hat 1950 die Bohème Musig gegründet. Er war auch der erste und auch einzige Lehrling des bekannten Sepp Ebinger. Sepp Ebinger gründete 1947 mit seiner Gattin Erika die erste echte Luzerner Guggenmusik. Neben seiner Arbeit als Dekorateur und Ausstellungsgestalter hat er schon damals «Grende» und Larven hergestellt und auch verkauft. Durch das fand auch mein Vater Zugang zu der Maskenbaukunst und wollte natürlich auch der Guggenmusig beitreten, was ihm aber sein Lehrmeister verweigerte «Stefte chömed mer ned id Musig». Das war der Grund das er dann eine eigene Musik gründete. Zuerst zwei Jahre als «Mais-Brüeder» unterwegs, stellte er 1950 die Bohème Musig auf die Beine, die dritte Guggenmusig in Luzern. 1952 ist auch der Kunstmaler und legendäre Fasnächtler Leopold Häfliger, von allen nur Pöldi genannt, dazugestossen und führte sie mit seiner bekannt, resoluten Art durch Luzerns Gassen. Da ich mitten im Luzerner Fasnachtskuchen aufgewachsen bin, in der Furrergasse, in einem Nachbarhaus von Sepp Ebinger, wurde ich schon früh in diese Szene «mitgeschleppt». 1966 als fünf Jähriger Knopf durfte ich zum ersten Mal mit den Bohèmen mitlaufen, mit dem gleichen Grind und Kostüm wie der «Grosse» Pöldi. Im bekannten «Flora Garten» und im alten Bahnhofbuffet stellten sie mich dann auf einen Tisch und liessen mich die Musig dirigieren, während sich im Hintergrund Pöldi ein Bier einverleibte. Ein unvergessliches Erlebnis.

Da hast du sicher auch noch viele andere Koryphäen der Luzerner Fasnacht persönlich kennengelernt?

Das ist so. Bei uns in der Bohème den bekannten Bildhauer Ruedi Weber oder von der Chatzenmusig Max Baumann, natürlich Sepp Ebinger, Georges Gisler oder Urs Bucher. Es gäbe noch viele kreative Köpfe der ersten Jahre der Guggenmusigen aufzuzählen.

In der Familie Koch bist du ja nicht der Einzige, der der Fasnacht mit seiner Erfahrung die Referenz erweist. Wer mischt da noch alles mit?

Alle. Zuerst in der Bohème, dann fing jeder an seinen eigenen Weg zu beschreiten. Da war mein ältester Bruder Christoph, der leider erst kürzlich verstorben ist. Er war viele Jahre mit der Chatzenmusig unterwegs, als Posaunist und Bastelchef. Der zweitälteste Matthias, der über Luzerns Grenzen hinaus als «Bugari» bekannt ist. Er bringt auch heute noch das ganze Jahr seine Masken- Kunst kommerziell an Gruppen oder an einzelne Fasnächtler. Dann kommt die älteste Schwester Sabina. Heute die stolze «Tambourmajössin» der Bohème Musig. Dort ist sie massgeblich beteiligt an der Umsetzung der Sujets. Dann folgt Barbara, die Kostümschneiderin und Gewandmeisterin. Sie war in den letzten Jahren bei den Wikingern, hat sich aber jetzt von der aktiven Fasnacht zurückgezogen.

Gab es da unter euch Geschwistern nie kleine Hahnenkämpfe, wer der oder die Beste ist?

Da war nie eine Gefahr. Es gibt in Luzern so viele Guggenmusigen, Einzelmasken oder Gruppen die Hilfe und Rat bei der Umsetzung ihrer Ideen brauchen, so dass jeder auf seine Art genug zu tun hatte. Im Gegenteil. Wenn ich an die Tage vor dem Schmutzigen Donnerstag zurückdenke. Da war jedes Jahr buchstäblich «de Tüffel los». Da wurde in unserer Wohnung fast durchgehend zusammen geschneidert und gebastelt und manch einem oder einer noch schnell ein Kostüm fertiggestellt, manchmal bis morgens um vier, eine Stunde vor der Tagwache.

Was hat dich dann bewogen deine Maskenkunst auch für andere zugänglich zu machen?

Die Bohème war damals mit einem beneidenswerten Kindersegen gesegnet. Der Vortrab wurde so gross, dass die Erwachsenen eine Reduktion ins Auge fassten. 1973 gründeten ein paar dieser «Überflüssigen» die Junioren- Bohème Musig. Mit 30 und 40 Kindern, mit eigenen, selber gebastelten Grinden und den von den Müttern genähten Kleidern, wagten wir uns vier Jahre unter die grossen Musigen. Das war eigentlich der Anfang meiner Passion, dem kreativen Masken- und Grinden bauen, immer noch mit den Tipps und der Erfahrung meines Vaters. Später ergab es sich, dass ich, neben meiner Arbeit als selbständiger Kirchenrestaurator und Vergolder, Zeit hatte mich den Anfragen nach Masken, die regelmässig ab September bei mir eintrafen, zu widmen. Bald einmal kreierte ich Grinden für ganze Musigen oder auch Einzelmasken nach den Wünschen der meiner Kunden.
Das änderte sich, als ich dann in eine Festanstellung wechselte. Als Mitglied der Maskenliebhaber leitete ich für das LFK die damaligen Masken – und Kostümkurse, die für Schulkinder angeboten wurden. Als das Interesse bei den Lehrern für diese Gratiskurse langsam nachliess, wechselte das LFK das Angebot. Fortan bot man auch für Erwachsene und Kinder Kurse an die sich zu einem wahren Renner entwickelten. Der Ansturm war für die Verantwortlichen bald einmal fast nicht mehr zu meistern.  Für den ersten Kurs, vor rund 12 Jahren, meldeten sich 22 Interessierte an, bereits im zweiten Jahr hätten wir rund 140 Teilnehmer bedienen können. Um diesen vielen Anfragen gerecht zu werden, kam das LFK mit meinem jetzigen Arbeitgeber, der Migros, überein, für die Migros Klubschule meine Erfahrung für neue Maskenkurse zur Verfügung stellen. Seit fünf Jahren bin ich jetzt Kursleiter für jeweils zwei bis drei vollbesetzten Kurse.

Heute bist du Mitglied der Fasnachtsgruppe «Nostradamus» auf deren kreativen Ideen das Luzerner Fasnachtsvolk immer mit Spannung wartet?

Wie das bei vielen Guggenmusigen der Fall ist, kam es auch bei der Bohème zur einer Scheidung. An einer GV verliess Pöldi Häfliger und mein Vater im Knatsch diese und gründeten postwendend «Leopolds alte Garde», mit der sich natürlich auch die gesamte Familie Koch anschloss. Bis 1985, das 10-jährige Jubiläum der Garde, blieb auch ich dabei. Dann trat ich der «Nostradamus» bei, der ich bis heute die Treue halte.

Das Markenzeichen der «Nostradamus» sind ihre unglaublich kreativen Ideen. Wie entwickeln die sich?

Ich führe seit Jahren eine Sujetliste in die ständig neue Ideen geschrieben werden. Unter den 15-20 Sujets sind auch noch solche die schon Jahre lang auf ihre Auferstehung warten. In einem Kernteam werden dann, in endlosen, feuchten Diskussionen zwei, drei Vorschläge erkoren, die der ganzen Gruppe vorgetragen werden. Aus denen kristallisiert sich dann immer das Richtige heraus.

Das Richtige war auch sicher das Letztjährige. Die Referenz an die Basler «Pfiffer ond Trömmeler». Wie können Luzerner Urfasnächtler auf solch eine Idee kommen?

Das war als Ehrung an den Basler Sepp Ebinger gedacht, der 1947 in Luzern die erste Guggenmusig gegründet hatte. Aus diesem Grund entstand die Grundidee «70 Jahre Guggenmusig Luzern». Wie das bei uns so geschieht, kam die eine oder andere Idee dazu, und dann war das Konzept «Vo Lozärn gäge Waggis zue» geboren.

Wie habt ihr die Zusammenarbeit mit der Pfifferstadt erlebt?

Sehr, sehr kooperativ. Der Basler Comité-Obmann Christoph Bürgin war schon einige Male vorher in Luzern. Kennengelernt habe ich ihn 2015 als ich den Plakettenwettbewerb gewonnen und er mit mir als Jury-Mitglied des Umzuges amtete. Ein Jahr später, anlässlich eines Kulturausfluges mit den «Nostern» nach Basel, mit Stadtrundgang, Abstieg in einen Cliquenkeller, Larvenateliers und Besuch beim berühmten Laternenmaler DÄGE (Urs Degen). Bei einem zufälligen Treffen mit dem langjährigen Comité-Mitglied Andre Schaad, der sich über den Aufzug, der ganz in schwarz gekleideten Luzerner Delegation wunderte, «was send er den vörigi», ergab sich ein Austausch der die Idee unseres Sujets vollends zementierte. Es folgten Einladungen zur Plakettenpräsentation und Teilnahme am Cortège. Umgekehrt besuchten das Comité auf Einladung des LFK-Präsidenten Patrick Hauser auch den Umzug in Luzern, wo sie uns auf der Seebrücke vor laufender Kamera die Basler Zugsplakette überreichten, bevor sie in Basel selber an eines ihrer Mitglieder übereicht wurde. Beide Seiten empfanden den gegenseitigen Besuch als Ehrung und als gegenseitige Achtung unter eingefleischten Fasnächtlern.

Im nächsten Jahr feiert deine Gesellschaft, die Maskenliebhaber Gesellschaft, ihr 200-jähriges Bestehen. Wird man da den Plakettenkünstler Basil Koch wieder in Aktion sehen?

Ich hoffe. Ich werde sicher mit einem Vorschlag dabei sein und hoffen damit die Spitze zu erreichen.

… und was können wir vom diesjährigen Sujet der Nostradamus erwarten?

(hält sich den Bauch vor lachen) was soll ich da sagen. Das Sujet steht auf jeden Fall. In Kürze wird auch das Umzugsprogramm aufgelegt und an Hand unseres Spruches wird die Grundidee sowieso nicht mehr zu verheimlichen sein. Wir haben wieder einmal eine neue Gesellschaft gegründet. Die Nostradamen-Gesellschaft. Mit diesen Nostradamen wollen wir endlich die sturen Gepflogenheiten der Männer-Zünfte und Gesellschaften gehörig durchschütteln und aufweichen. Mehr sei nicht verraten, aber man darf gespannt sein.


Basil, marktindex.ch dankt dir für das Interview und deine kreative Arbeit für die Lozärner Fasnacht. Wir wünschen den «Nostern» viel Anerkennung und freuen uns auf eine «Tagessuppe» in eurer berühmt, berüchtigten Noster-Bar beim Eselstall.