Die Marktindex-Autorin Sabine Simmen hat drei kleine Jungs im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren und schreibt hier regelmässig über ihren turbulenten Alltag.

Vergnügen für die Kinder oder knallharte Lebensschule für die Erwachsenen? Was haltet ihr von Spielplätzen? Ich muss gestehen: Ich kann diesen Mikrokosmos aus angesabberten Guetzli, feuchtem Sand und blutigen Knien nicht ausstehen. Warum? Darum:

Hauen oder Hauen lassen

Spielplätze sind keine geschützten Räume um friedlich zu spielen, nein, es sind wilde Stammesgebiete, wo die primitivsten Regeln gelten: Hau mit der Schaufel oder hau ab! Denn auf jedem Spielplatz gibt es einen kleinen Napoleon der denkt, die Welt, in diesem Falle meist der Sandkasten oder die Rutschbahn, gehöre ihm. Und das will verteidigt werden. Zwar nicht mit Bajonett, aber dafür mit einem nicht minder gefährlichen roten Schüfeli. Und wenn ich dann die erst unverständige, dann gekränkte und später tot-traurige Miene meines Dreijährigen sehe, der doch so gerne die Rutschbahn runter möchte, könnte ich losheulen. Oder klein Napoleon zum Heulen bringen. Und wenn ich meinen Vierjährigen trösten muss, der das rote Schüfeli an den Kopf bekommen hat, würd ich klein Napoleon am liebsten auf St. Helena verbannen. Zusammen mit einem wütenden Mob voller Kleinkinder mit Schüfelis. Aber stattdessen tue ich nichts und denke passiv-aggressiv: Ich hasse Spielplätze!

I just don’t know what to do with myself

Szene 1: Meine Kinder spielen im Sandkasten und ich sitze ich auf einem Bänkli und drücke auf meinen iPhone rum (soll heissen ich lese lange meine (geschäftlichen) Mails und checke ganz kurz mal Facebook).
Chorus der anderen Mütter: Schau mal, die Mutter da, die kümmert sich überhaupt nicht um ihre Kinder, sondern drückt lieber auf ihrem Telefon rum.

Szene 2: Ich sitze bei den Kids im Sandkasten. iPhone in der Tasche. Chorus der Mütter: Hast du die dort drüben gesehen? Voll die Helikopter-Mutter! Die lässt ihre Kinder auch keine Sekunde aus den Augen. Die würde es doch lieber geniessen, dass ihre Kinder spielen und derweilen in Ruhe Facebook checken.

Ok. Darum vermeide ich es jeweils auf dem Spielplatz beschäftigt auf dem Bänkli zu sitzen, aber bin auch nie zu nahe bei den Kindern. Geschweige denn, dass ich ihnen meine volle Aufmerksamkeit widme. Nein, ich stehe immer ein bisschen abseits, aber ja nicht zu weit weg. Bin immer ein bisschen beschäftigt, aber nicht zu sehr und denke: Ich hasse Spielplätze!

Vertrauen contra Notaufnahme

Kann mein Kleiner schon die steile Leiter zur Rutschbahn hoch? Der Grosse die Feuerwehrleiter runter? Soll ich hingehen und Hilfestellung leisten? Oder lautstark (von meinem ungünstigen Platz ein bisschen im Abseits) zum Verzicht auffordern? Oder doch lieber die Augen schliessen und mich krampfhaft versuchen daran zu erinnern, wie man einen ausgeschlagenen Zahn am besten aufbewahrt (in der eigenen Backentasche? Wirklich??)? Ach, keine Ahnung! Darum hasse ich Spielplätze!

Versteht ihr mich jetzt? Dieses Gefühl der Ohnmacht. Das nicht wissen, was tun. Nicht wissen, was das Beste für die Kleinen ist. Trauer und Frustration der eigenen Kinder ertragen. Loslassen und Vertrauen können.

Aber halt – sind das nicht generell die ganz grossen Themen bei der Kindererziehung? Oh Gott, ist der Spielplatz vielleicht ein Ort, wo wir Eltern spielerisch erfahren müssen, was da alles noch auf uns zukommt? Wo wir lernen, uns langsam von unseren Kindern zu lösen? Oder ist ein Spielplatz eben doch nur ein Spielplatz und ich mache gerade aus einem kleinen Klettergerüst ein Hochhaus? Fragen über Fragen. Wer kann sie beantworten? Ich nicht und solange das so ist, stelle ich mich meiner Antipathie und gehe trotzdem immer wieder hin. Meinen Kindern zu liebe. Denn für die muss man die persönlichen Vorlieben auch mal zurückstecken – zumindest das weiss ich genau!