Regula Schurtenberger, Wirtin im «Storchen» Luzern: «Es esch scho e chline Chrampf gse bis de Storche id Gäng cho esch».

Man sagt das Kinder vom Storch kommen, wie bist du den zu einem eigenen Storchen gekommen?

Da muss ich ein wenig aushohlen. Nach meiner Ausbildung zur Kindergärtnerin überkam mich immer mehr ein unbändiger Drang andere Länder zu bereisen und kennen zu lernen.

Nach der Devise im Winter weg, im Sommer wieder in der Schweiz. Um zum nötigen Reisegeld zu kommen, fing ich damals an in Speiserestaurants, verschiedenen Cafés oder Bars zu servieren. Ich fand gefallen an dieser Arbeit mit Menschen aller Art und beschloss bald einmal ein Treppchen höher zu steigen und die Wirteprüfung zu machen, um mir so den Weg zur Selbständigkeit zu ebnen.

Was waren deine ersten Stationen als Gastgeberin?

Es begann mit einem äusserst interessanten Job. Ich durfte, in dem von Emil und Maya Steinberger gegründeten Kleintheater, die Kaffeebar führen. Später wurde ich Geschäftsführerin der Wein-Wirtschaft «La Bonne Cave» an der Reuss. Trotz vielen schönen Begebenheiten in dieser Zeit ging mir der Wunsch ein eigenes Restaurant, nach meinem Gusto zu führen, nie aus dem Kopf. So kam es das mir Martin, ein guter Bekannter, den Tipp gab, dass der Storchen Pächter Tino Lehner, einen Nachfolger oder Nachfolgerin suche. Er stellte die Kontakte zu Markus Heer, dem Besitzer des «Storchen» her, der mir dann vor 14 Jahren sein Vertrauen und einen Mietvertrag anbot.

Warst du von Anfang an mit deiner Entscheidung zufrieden?

Nicht ganz. Da der «Storchen» bis dahin am Abend, ausser am Donnerstag und am Freitag, nicht geöffnet hatte, musste ich zuerst einen neuen Kundenkreis finden. Am Anfang war ich Köchin und Serviertochter in einer Person. Mit meiner Mini-Küche musste ich mich damit abfinden, dass man bei mir zwar einen Apero bestellte aber zum Essen in ein anderes Lokal wechselte. Das lies mein Ehrgeiz nicht zu. Ich begann die Küche und die Speisekarte zu vergrösserern. Mit Erfolg. Der Andrang der Gäste wurde grösser und ich konnte mir den ersten Koch gönnen. Seit sechs Jahren ist Koch Beni nun der Herrscher unserer Küche und zaubert ab 18.00 Uhr auserlesenen Gerichte auf die Tische der denkmalgeschützten Storchen Stube.

Was isst du den am liebsten in deinem Lokal?

Ich selber liebe die verschiedenen Käse-, Gemüse-, Fisch- oder Fleisch Tapas Gerichte. Ich meide überfüllten Teller. Die kleinen feinen Tapas passen hervorragend zu der Bar und der Weinstube Storchen. Zum Auswählen komme ich aber selten, meistens bleibt mir nur das was übrigbleibt.

Finden bei dir auch Frutarier, Vegetarier, Veganer oder Gäste mit Nahrungsmittel-Intoleranzen ein offenes Ohr?

Allen Wünschen kann unser Koch sicher nicht gerecht werden. Aber wir passen uns, wenn immer es geht, den Vorlieben oder Unverträglichkeiten unserer Kundschaft an. Koch Beni ist sehr flexibel und geht auch auf besondere Wünsche der Gäste ein. Es sollen sich alle Gäste im «Storchen» wohl fühlen.

Könnt ihr auch mit etwas exotischem Aufwarten?

Sicher. Wer noch nie ein Insekten-Menü versucht hat soll unsere frittierten Wanderheuschrecken (Locusta migratoria) oder die Ziegenfrischkäse-Praline im Grillen-Mantel (Acheta domesticus) auf Kräutersalat probieren. Nur wer probiert, weiss wie es schmeckt.

Immer mehr Leute lassen sich ihr Essen nach Hause liefern. Kann das der «Storchen» auch?

Sehr selten. Und wenn, dann bedienen wir meistens Nachbarn die gerne mal ein frisches Rindstatar gerne zu Hause essen wollen. Aber auf den Take Away-Zug springe ich nicht auf, da hat es genug Spezialisten in Luzern. Ich kann aber nicht leugnen, dass mir die Idee auch schon im Kopf herumschwirrte. Aber eine Idee mit gesundem Take Away, mit frischen Salaten, Saucen einem feinen Rindstatar oder unserer Tapas.

Leider leidet die Luzerner Altstadt in den letzten Jahren an einem akutem Beizensterben. Freut es dich das die Konkurrenz immer kleiner wird?

Im Gegenteil. Ich wünschte mir, dass sich wieder mehr Restaurants in der Altstadt niederlassen würden. Konkurrenz belebt das Geschäft. Die Gäste könnten mehr zirkulieren, würden länger in der Altstadt verweilen. Das zeigt doch die Neustadt, die mit ihren vielen kleinen Bars und Gaststätten die grössere Auswahl und damit auch die grössere Vielfalt haben.

An der Luzerner Fasnacht steht du mit deinem Lokal mitten im Zentrum des Geschehens. Freud oder Leid?

Von beidem etwas. Freude sicher am farbigen, fröhlichem Geschehen und selbstverständlich auch am Umsatz. Fasnacht ist sicher der grösste, aber auch strengste Event für unseren Betrieb. Da sind die langen Öffnungszeiten, die in den letzten Tagen an den Kräften unseres Teams zehren. Da ist das Wetter. Ist es schön sind alle auf der Gasse und alle Fasnächtler sind friedlich. Regnet es, strömen alle ins Restaurant und da kann der nasse Boden schon zum Stolperstein werden. Oder, der Horror, die Toiletten werden verstopft. Und wenn dann noch, wie im letzten Jahr, ein paar übermütige Kerle schon am Morgen meinen, sie müssten die mit viel Liebe aufgehängten Buttergipfeli der Dekoration zum Motto «Gipfeltreffen» von der Decke reissen, dann kann ich schon mal auch zur Furie werden. Da vergehen einem manchmal die Freude am Mehrumsatz. Und doch, auch das Storchenteam freut sich, dass sie wiederkommt, unsere Lozärner Fasnacht.

Jeden Freitag feiern im Rathaus gegenüber ein Hochzeitspaar um das andere ihren schönsten Tag. Was fühlt die unverheiratete Storchen Wirtin, wenn sie das sieht?

(Lacht) Dass ich damit sehr gut leben kann. Spült das Ritual doch einige Einnahmen von Hochzeits-Aperos in das Storchennest, ohne dass ich mich selber beim Standesamt anmelden muss. Ich liebe halt meine Freiheit zu fest. Ich finde auch das der Wirtinnen Beruf nicht die geeigneten Voraussetzungen für ein geregeltes Eheleben bieten kann.

Stimmt es das man dich des Öfteren gegen Mitternacht in Sprintermanier zum Bahnhof rennen sieht?

Ja das stimmt tatsächlich. Ich kann nicht abstreiten, dass ich manchmal etwas Hyperaktiv wirke. Man sollte eigentlich meinen, dass ich nach 14 Jahren Arbeit im «Storchen» etwas ruhiger wirken müsste. Aber ganz ehrlich, mir gefällt meine Arbeit so wie sie ist. Das Zusammensein mit meinen verschiedensten Gästen, meinem Personal «ond i mim Storche». Für das lohnt sich auch ab und zu ein Sprint in letzter Minute, auf den letzten Zug nach Hochdorf in mein kleines Haus.